Historische Monatsanweisungen 1799

Diese Monatsanweisungen aus dem Jahre 1799 stammen noch aus einer Zeit, in der es keinen Mobilbau mit Rähmchen gab. Zudem war auch eine Einfütterung mit Zucker noch völlig unbekannt.
Die heutigen Erkenntnisse über das Leben der Bienen und deren Ansprüche wurden erst später gewonnen. Deshalb ist auch dringend davon abzuraten, die Empfehlungen dieser historischen Monatsanweisungen in die Praxis umzusetzen.
Vielmehr sollte die Lektüre einen Einblick in die Imkerei vor 200 Jahren geben. Manche Überlieferungen werden dem einen oder anderen vielleicht sogar bekannt vorkommen.

Interessanterweise hatten auch die damaligen Imker so ihre liebe Not, wenn auch die Probleme auf anderen Gebieten größer waren als heute.
Der Rückblick in die "gute alte Zeit" wird eben häufig durch einen etwas verklärteren Blick gesehen.

Wir werden die einzelnen Monatsanweisungen so nach und nach an dieser Stelle zugänglich machen.

 

 

Münchner Intelligenzblatt

herausgegeben von
Johann Baptist Strobel.

Lern, daß nichts selig macht, als die Gewissensruh,
und daß zu deinem Glück dir niemand fehlt als du. 

M D C C X C I X.

II. Stück Samstag den 5. Jäner 1799

Bienenzucht.

Monatliche Behandlung derselben

Die Bienenzucht, welche ehemals, und noch vor wenigen Jahren unserm vaterländischen Staate nach wahren und unverfälschten Urkunden einen sehr beträchtlichen Vortheil an dem Produkte des Wachses, und des Honigs verschaffte, war also, und ist bis itzt keineswegs für selben ein so geringer Gegenstand, und Erwerbszweig, als er seit seines Verfalls in Baiern gewöhnlich gehalten wird. Für diejenigen, welchen das Beste des Staates zu besorgen die strengste, und heiligste Pflicht auferlegt zu seyn scheint, weis ich keinen trifftigeren Grunnd als gegenwärtigen, um selbe auch auf die ländliche Bienenzucht aufmerksam zu machen.

Nur aus einer schnellen Uebersicht von dem abwerfenden Nutzen für das Ganze, und jeden einzelnen Bürger könnte man ermessen, welchen Vortheil Baiern noch vor wenigen Jahren aus der Bienenzucht müßte gezogen haben. Vom Jahre 1717 bis in das 1740ste Jahr stand der Preis des gegossenen Wachses nach wahren und längst bewiesenen Urkunden eines gewißen Herrn Lebzeltners zu Neuenoettingen, und nach den dort geführten Kirchenrechnungen das Pfund zu 17 Kreuzer, und der Handel dieses Artikels gieng noch dabey vom Ueberfluß außer Landes, und verschaffte großen Nutzen.

Dieser einzige Punkt sollte wohl jeden nur halbgut, und nachdenkenden Bürger zu reifern Ueberlegungen, und zu diesen wichtigen Fragen verleiten: woher kommt also der itzige hohe Preis des Wachses? Warum sind itzt die Unschlittkerzen theurer als ehemals die Wachskerzen?

Es muß also eine Ursache, und noch vorhanden seyn, welche als die wirkende Ursache dieses immersteigenden Wachspreises zu betrachten ist, welche Ursache ist wohl diese? Die Antwort hierüber wird kurz seyn: Die Vernachlässigung der Bienenzucht. Nein, nein, mann irrt sich, nicht diese allein, sondern vielmehr die Vernachlässigung des vor zeiten treulich gehaltenen landesväterlichen Gesetzes, welches ausdrücklich verbothen hatte, die sogenannten Impen, d.i. Immen ohne Ursache jährlich abzutödten. Dieses Uebel allein hat seit des dortmalig baierischen Krieges angefangen, und hält noch freyen Fortgang ohne alle Ahndung höherer Einsicht: man schweigt, und bezahlt lieber die Unschlilttkerzen theurer, als man längst wieder die Wachskerzen zum vorigen Preis genießen könnte.

Es sind zwar nebst diesem Uebel noch mehrere nebenseitige Hindernisse vorhanden, welche lange schon der Bienenzucht im Wege gestanden haben, und noch stehen; allein, daß dieß aus allen das wichtigste sey, wird man von sich selbst, und aus folgenden einsehen können,

Das die Abtödtung der Bienen ohne Ursache im baierischen Landrecht schon dortmals unter der Strafe verbothen war, und folglich also noch bis itzt verboten seyn sollte, kann jeder in dem Codex unter dem Artikel der Bienenzucht finden. Aus diesem folgert sich die Probe, daß man schon dortmals die Abtödtung der Bienen für das erste und nachtheiligste Uebel in der ländlichen Bienenzucht gehalten habe. Sollte dieß wohl itzt bey unseren Zeiten nicht mehr dafür zu halten seyn, weil dieses Geboth durch Stillschweigen gleichsam annulirt ist? Freylich wohl; denn, wenn dermal ein Landmann, oder ein anderer Bienenliebhaber in Baiern höchstens 4, 5 oder auch 10 Bienenkörbe besitzt, so ist selber mit diesen begnügt, wenn er von diesn im Sommer 5 oder mehrere Junge, das ist Schwärme erhält. Gleich im Herbst darauf aber tödtet er allzeit die zuvor gehabten mehr jährigen Stöcke gänzlich ab, und bleibt wieder bey seiner vorigen Zahl stehen, und glaubt genug, und recht wohl gehandelt zu haben, wenn er die unschuldig und so nutzbare Thiere auf eine grausame Weise dem Tode überliefert hat. Warum? Weil wider diesen Unfug weder ein Geboth noch Verboth gar nicht mehr bekannt ist, noch minder erneuert und attentiert wird. Diese Probe, glaube ich, sollte meines Erachtes hinreichend seyn, das zu beweisen, was ich mit wenigen über diesen Punkt behauptete. Aber wie wird wohl diesem, und den noch nebenseitigen Uebeln, welche die Bienenzucht im Wege stehen, können abgeholfen werden? Wir wollen es kurz machen. Durch den Unterricht. Folgt hiedurch nicht sogleich die gänzliche Hebung desselben, so wird doch bey ein und anderen, welche solchen annehmen, und befolgen, dieses Übel gehemmt und gleichsam wie eine hartnäckige Krankheit durch öfters wiederholte Mittel geheilet werden.

Der Unterricht, oder der Beweis ist in einer jedern Sache dem Unerfahrnen, woraus er doch durch Anwendung desselben Nutzen ziehen will, kann, oder soll, eines der ersten den Zweck zu erreichen. Hat er diesen erhalten, und nur halb angenommen; dann geht die Uebung, welches wir den Praxin nennen, von sich selbst weiter, es reicht gleichsam ein Vortheil dem anderen die Hande, und muntert uns durch neue Entdeckungen immer mehr zu anderen auf; so zwar, daß endlich ein allgemeines Lehrgebäude, oder ein System daraus entspringt, welches allen ungezweifleten Beyfall, jenen Nutzen und Ertrag verschaffet, welchen man erstens versprochen, und dann gehofft, und endlich zu seiner Wirklichkeit gebracht hat.

Alle in der Landoekonomie unternommene Gegenstände müßen stuffenweis wachsen, und, wenn auch zu Zeiten unvermeidliche Zufälle obwalten; so därfen solche unser Vorhaben und angefangene Proben nicht gleich wieder stumpf machen; und den allgemeinen Spruch brauchen; es thut kein gut. Alles will seine Zeit haben. Die Anweisung also, oder der Unterricht muß zu allen unseren Bestrebungen, oder Unternehmungen zuerst der unfehlbare Leitfaden werden, und seyn, bis wir endlich selbst an jene Stuffen gelagen, wo wir uns selbsten durch befolgte Uebung jene Vortheile, und das Prädikat eines Meistes verschaffen können.

Eben diese Anwendung des Unterrichts muß auch bey der Bienenzucht geschehen. Man ist zwar schon in Baiern auf verschiedene Mittel verfallen; man hat eine Bienengesellschaft errichtet, man hat unterrichtende Bücher zum Vorschein kommen lassen. Alles war, und ist gut gemeynt, auch nicht ohne Frucht geschehen; es haben sich seitdeme doch einige Vortheile in der Behandlung der Bienen bey den Liebhabern anhängig gemacht, und da und dort wird die Abtödtung derselben gänzlich vermieden. Nur hat man mit dem Unterricht den rechten Platz noch nicht erkennt, und angetroffen, wodurch derselbe mit der Zeit gewiß müßte allgemein werden, und jenes wieder hervorbringen können, daß das Wachs und Honig ihren alten Werth wieder erhielten.

Dessentwegen also bin ich gesinnt in dem Münchner Intelligenzblatte zu jedermanns Gebrauch den Unterricht in und für die Bienenzucht nach möglicher Kürze gründlich und nach langen unfehlbaren Behandlungen für jedes Monat sonderheitlich aus wahren patriotischen Triebe einschalten zu lassen. Der gemeine Mann würde zwar durch dieses Blatt den Unterricht nicht erreichen, da er solches nicht liest, doch, da die meisten Herrschaften, Klöster, Pfarrer und Beamte solches unterhalten, so könnte man doch solchen kurzen Unterricht entweder mündlich oder auch durch das Blatt selbst, wenn es Schullehrern, oder den Bienenliebhabern selbst zu lesen gereicht würde, in etwas verbreiten, und einstweilen Hilfe leisten, bis endlich mein ganzer Wunsch sein Ziel erreichen wird.

Ich bin von vielen Liebhabern der Bienenzucht welche meinem Unterricht längst schon gefolgt sind, gänzlich überzeugt, diese Liebe und edle That zu erhalten, nur wäre auch mein Wunsch solches bey anderen zu erlangen.

Ich werde da und dort meine neueste Entdeckung bey den Bienen einschalten, und meinen vorigen als auch neuen Gönnern soviel möglich ist und es die Zeit und der Raum gestattet, gerne Genügen leisten.

Sollten von einigen Liebhabern neue Entdeckungen gemacht worden seyn, welche interessant scheinen, so bitte ich mir solche an das Intelligenzblatt zu ertheilen, wofür ich den schuldigen Dank wissen werde.

Verfasser der Anweisungen : Cr. Josef Pösl, Churfürstlicher aufgestellter Landbienenmeister